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7. September – 12. Oktober 2013

Julia Bornefeld | »Final Play«

Sinnlichkeit und Ironie

Ein Trauma, denkt man gleich. Da will jemand ein Trauma verarbeiten. Oder hat Elfriede Jelinek gelesen: Die Klavierspielerin. Ein bedrückender Stoff, der einem an Herz und Nieren geht. »Shining«, der Psychothriller von Stanley Kubrick, könnte auch noch Vorlage gewesen sein. Diese alte Türe mit der Zimmernummer 60, von einer dicken Staubschicht bedeckt. Fingerabdrücke an den Rändern, zwei Messer, die sich hindurchbohren. Da sollte etwas aufhören.

Ein Spiel mit Möglichkeiten
Viele Vermutungen, eine Antwort: Wir sehen hier die vieldeutige, sinnliche Kunst von Julia Bornefeld. Die seit bald zwanzig Jahren zu den regelmässigen Gästen der Galerie Hafner zählende deutsche Künstlerin schliesst mit »Final Play« einen Zyklus ab, den sie bereits 1990 begonnen hatte. Musik – das Klavier stand ganz am Anfang ihres künstlerischen Schaffens, das sehr wohl beeinflusst ist von ihrem familiären Hintergrund, allerdings im Sinne einer liebevollen Zuwendung und nicht einer zornigen Abrechnung. Julia Bornefelds Mutter und Grossvater sind/waren Musiker. Aus dem Kubus heraus klingt leise Klaviermusik. Doch das Bild dazu ist ein loderndes, brennendes. Bornefeld hat zum Grande Finale einen Flügel in Brand gesteckt und das Abbrennen gefilmt. Rauch steigt auf, die Tastatur glüht wie der Ausläufer eines Lavastroms. Es knackt und stöhnt und winselt. Die von Alexander Ebner komponierten einzelnen Töne scheinen wie Klagelaute. Ein Jammern, ein Weh' und Ach hatte es im vergangenen Jahr auch seitens der Kirchgänger in Innsbruck gegeben, wo die Künstlerin während der Fastenzeit ein riesiges Gemälde mit dem Titel »The Burning Supper« im Dom ausgestellt hatte. Angelehnt an Leonardi da Vincis »Das letzte Abendmahl« stellte sie junge Menschen um einen Tisch, in ihrer Mitte eine Frau. Der Tisch stand in Flammen. Die Andeutungen – und natürlich auch die Meinungen waren gemacht.

Starke Malerei
Drei grossformatige Malereien geben der Ausstellung bei Hafner den Titel. Die Acrylbilder auf Leinwand nehmen das Thema des brennenden Instruments mit fauchenden Pinselstrichen auf. Schwarze Tasten lecken ihre Farbe aus dem dunklen Nichts, die weissen «verglühen» in ewigem Eis. In einer weiteren Variation wölben sie sich wie der Rand einer Muschel, weggespült und mitgerissen von der tobenden Flut. Die Klavierspielerin tritt auf und ab; das Spiel ist aus.

Brigitte Schmid-Gugler
St.Galler Tagblatt | 12. September 2013